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Das natürliche Paradies des Übersetzers

Bericht über das Seminar „Traducteurs, redécouvrons les richesses du français!“ am 7. August 2015

Welcher Übersetzer hat sich nicht schon einmal über den außerordentlichen Reichtum (oder die Präzision oder Prägnanz) der „anderen Sprache“, der oft so schwierig wiederzugebenden Ausgangssprache, beklagt? Als ob sie ein „Paradies“ wäre, das für die meisten Übersetzer „unzugänglich“ ist?

Als François Lavallée von der Übersetzerschule Magistrad für das Seminar On traduit à Chantilly in Europa war, fand er sich für einen Abstecher nach Brüssel bereit, um Licht in dieses „Paradies des Französischen“ zu bringen.

Die Idee ist einfach und doch brillant: nehmen Sie einen Zeitungsartikel, einen Jahresbericht, einen Roman usw. Lesen Sie den Text und beachten Sie dabei vor allem die sprachliche Dimension. Stellen Sie sich bei jedem Wort die Frage: verwende ich das in meinen Übersetzungen? Wenn Sie Revisor sind, fällt es Ihnen in den Übersetzungen auf, die Sie überarbeiten? Wenn das nicht der Fall ist, schreiben Sie es auf und finden Sie heraus, von welchem Wort oder Ausdruck es eine Übersetzung sein könnte. Haben Sie es gefunden? Dann haben Sie gerade eine neue Entsprechung Englisch-Französisch gelernt.

Tun Sie nun Dasselbe mit Syntax und Formulierung. Was sehen Sie? Das Epitheton am Satzanfang gibt der französischen Sprache Rhythmus. Aber im Englischen wird es kaum verwendet. Vielleicht stellen Sie fest, dass die Inversion Prädikat-Subjekt oder ein eingeschobener Satz, der für englischsprachige Übersetzer so schwierig ist (gemerkt?), starke Mittel sind, um einem Satz Rhythmus zu geben oder um ihn lesbarer zu machen, wenn die Länge ein Problem sein könnte…

Versuchen Sie das mal! Schlagen Sie Ihre Zeitung auf, oder noch besser: öffnen Sie ein Online-Dokument, das mit dem, das Sie gerade übersetzen, vergleichbar ist, und markieren Sie diese verwahrlosten Wörter. Analysieren Sie den Text, nutzen Sie Ihre Funde, und Sie werden sehen, dass Ihre Übersetzungen leichter, klarer und idiomatischer werden. Die große Herausforderung für Übersetzer liegt darin, ihrer Neigung zu Kritik zu widerstehen: wir suchen nicht die Spreu, sondern die Perlen, denn die sind eine Bereicherung für uns.

Dominique Jonkers