Berufsbild
Übersetzer*innen und Dolmetscher*innen dürfen den Titel „vereidigt“ tragen, nachdem sie bei einem Gericht einen Eid abgelegt haben. In Belgien darf diesen Titel nur tragen, wer im nationalen Register der vereidigten Übersetzer, Dolmetscher und Übersetzer-Dolmetscher (NR VÜD) eingetragen ist und eine Erkennungsnummer (VTI) erhalten hat.
Durch die Vereidigung ist man befugt, Aufträge von Justiz- und Verwaltungsbehörden sowie von Privatpersonen anzunehmen, die eine offizielle (beglaubigte, d. h. von den Behörden anerkannte) Übersetzung eines Dokuments benötigen.
Im Rahmen ihrer Aufträge vor Gericht und im Justizwesen werden vereidigte Übersetzer*innen und Dolmetscher*innen, kurz VÜD, mit der Übersetzung von Protokollen, Vorladungen, Urteilen, Akten internationaler Rechtshilfe in Strafsachen, Sachverständigengutachten und ähnlichem betraut. Beauftragt werden können sie außerdem von Privatpersonen, die eine Übersetzung offizieller Dokumente wie notarieller Urkunden, Personenstandsurkunden (Geburt, Eheschließung etc.), Diplome und sonstiger offizieller Dokumente benötigen.
Vereidigte Dolmetscher*innen werden im Rahmen von Anhörungen, Vernehmungen und – sofern erforderlich – bei allen sonstigen Schritten des Gerichtsverfahrens tätig (Telefonüberwachung, Durchsuchungen, Rekonstruierungen u. v. m.).
Darüber hinaus kommen sie auch in anderen Bereichen der Justiz zum Einsatz, zum Beispiel bei Beurkundungen in Notariatskanzleien oder im Rahmen einer Trauung.
Vereidigte Übersetzer*innen und Dolmetscher*innen müssen ein hohes Maß an Flexibilität mitbringen, da sie einerseits mit einem breiten Themenspektrum und andererseits aufgrund zahlreicher Notfall-Einsätze mit unvorhersehbaren und unregelmäßigen Arbeitszeiten konfrontiert werden. Dementsprechend müssen sie oft von jetzt auf gleich verfügbar sein. Dies gilt ganz besonders bei Aufträgen für die Polizei.
Selbstverständlich müssen sie Informationen, die sie im Rahmen ihrer Aufträge erhalten, gemäß einer gesetzlich festgelegten Berufs- und Ehrenordnung streng vertraulich behandeln.
Qualifikationen
Die meisten in Belgien ausgebildeten VÜD haben – wie ihre nicht vereidigten Kolleg*innen – einen Master (früher: „licence“) im Studiengang „Übersetzen“ oder „Dolmetschen“. Laut Gesetz sind für die Eintragung in das nationale Register der VÜD ein einschlägiges Diplom oder ausreichende Erfahrung erforderlich.
Seit einigen Jahren boomt dieser Sektor. Wer VÜD werden möchte, muss seit einiger Zeit gegenüber dem FÖD Justiz ausreichende Rechtskenntnisse nachweisen können oder eine Fortbildung zu Rechtskenntnissen besuchen. Diese Fortbildung wird von verschiedenen belgischen Universitäten angeboten und führt zu dem für die Vereidigung als VÜD notwendigen Zertifikat.
Zeitgleich mit dieser Fortbildung wurde auch das „nationale Register der vereidigten Übersetzer, Dolmetscher und Übersetzer-Dolmetscher“ geschaffen. Wie der Name schon sagt, sind darin Personen aufgeführt, die das Universitätszertifikat zum Nachweis rechtlicher Kenntnisse erhalten haben (bzw. aufgrund besonderer Umstände von der Teilnahme an dieser Fortbildung vollständig oder teilweise freigestellt wurden) und somit als Einzige berechtigt sind, als vereidigte Übersetzer*innen oder Dolmetscher*innen zu arbeiten.
Das nationale Register kann über folgenden Link aufgerufen werden:https://justsearch.just.fgov.be/national-registry-search/translator.
Der FÖD Justiz verpflichtet vereidigte Übersetzer*innen und Dolmetscher*innen außerdem zur Teilnahme an Weiterbildungen. Damit soll gewährleistet werden, dass ihre Kenntnisse stets auf dem neuesten Stand sind und dass sie ihre Fähigkeiten kontinuierlich verbessern.
Schritt Für Schritt Zur Beglaubigten Übersetzung
Im Gegensatz zu einer „klassischen“ Übersetzung beschränkt sich eine beglaubigte Übersetzung nicht auf einen Austausch von Dokumenten per E-Mail.
Da die Übersetzungen von vereidigten Übersetzerinnen oder Übersetzern anzufertigen sind, geht damit eine Beglaubigung einher. Diese erfolgt durch die digitale Unterzeichnung der Übersetzung. So können die Identität sowie der Eintrag der Übersetzerin bzw. des Übersetzers im nationalen Register authentifiziert werden. Das klassische Beglaubigungsverfahren auf Papier ist nach wie vor möglich, wird aber mit der Zeit auslaufen. Auf der beglaubigten Übersetzung im PDF-Format muss vor der digitalen Unterschrift folgender Vermerk stehen:
„Für gleichlautende und ne varietur Übersetzung aus dem [Ausgangssprache] ins [Zielsprache]“
„Gegeben zu [Ort], den [Datum]“
Es folgen Name und VTI-Erkennungsnummer der Übersetzerin oder des Übersetzers.
Hier nochmal eine Übersicht der verschiedenen Schritte:
- Auswahl einer geeigneten vereidigten Person aus unserem Verzeichnis;
- Aushandlung der Auftragsmodalitäten: Preis, Frist, Zahlungsbedingungen, Aushändigung;
- Anfertigung der Übersetzung
(Hinweis: Ein Foto oder ein Scan des Originals in guter Qualität kann ausreichen und beeinträchtigt die Gültigkeit der Übersetzung nicht);
- Legalisation (vgl. nächster Abschnitt);
- Aushändigung der Übersetzung an die auftraggebende Person – je nach Vereinbarung per E-Mail oder auf Papier
(Hinweis: Die Verwaltungsbehörde, für die die Übersetzung bestimmt ist, kann verlangen, dass das gestempelte Original der beglaubigten Übersetzung beigefügt wird);
Zwei Arten der Legalisation
Wenn Sie eine beglaubigte Übersetzung in Auftrag geben, müssen Sie unbedingt dazusagen, ob Ihre Dokumente in Belgien verbleiben oder für einen Gebrauch im Ausland bestimmt sind.
Die für diese beiden Fälle vorgesehenen Legalisationsverfahren unterscheiden sich nämlich grundlegend.
Für Belgien
Seit dem 1. Dezember 2022 hat die digitale Unterschrift den Stempel der vereidigten Übersetzer*innen abgelöst. Sie dient nun der Legalisation. Das Anbringen dieser Unterschrift genügt für die Authentifizierung einer Übersetzung, ohne dass eine juristische Stelle einbezogen werden muss.
Für das Ausland
Die digitale Unterschrift reicht allerdings nicht aus, wenn die zu übersetzenden Dokumente für eine Behörde im Ausland bestimmt sind. In diesem Fall muss die Übersetzung über die neue Plattform „eLegalization“ an den FÖD Auswärtige Angelegenheiten übermittelt werden. Dank dieser Plattform kann man sehr viel schneller als früher eine Legalisation oder eine Apostille erhalten.
Fragen und Antworten
Wann muss ich mich an vereidigte Übersetzer*innen wenden?
Im Allgemeinen ist dies bei jeder Übersetzung erforderlich, die für eine Justiz- oder Verwaltungsbehörde bestimmt ist.
Um keine kostbare Zeit zu vergeuden, informieren Sie sich am besten zunächst darüber, welche Art von Übersetzung erforderlich ist, und kontaktieren erst dann ggf. eine*n VÜD.
Was ist eine Legalisation?
Die Legalisation ist das Verfahren, mit dem die Echtheit der Unterschrift auf einem Dokument bestätigt wird. Handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, so werden die unterzeichnende Person sowie die Identität des Siegels oder des Stempels auf dem Dokument ebenfalls bestätigt.
Die Legalisation ist eine reine Verwaltungsformsache, die sich nicht mit der Authentizität des Inhalts eines Dokuments befasst – die originaltreue, „ne varietur“ Übersetzung des Originaldokuments werden von Ihrer vereidigten Übersetzerin oder Ihrem vereidigten Übersetzer garantiert. Mit dieser Dienstleistung wird belgischen oder ausländischen Dokumenten aber die erforderliche Beweiskraft für ihre Verwendung in Belgien bzw. im Ausland verliehen.
Weitere Informationen zum Verfahren der Legalisation finden Sie auf folgender Webseite: https://diplomatie.belgium.be/de/legalisation-von-dokumenten.
Wo finde ich eine*n VÜD?
Zu den Mitgliedern der CBTI gehören über 100 vereidigte Übersetzer*innen und Dolmetscher*innen mit den verschiedensten Sprachkombinationen. Hier finden bestimmt Sie die richtige Person.
Wieviel kostet eine beglaubigte Übersetzung?
Der FÖD Justiz schreibt VÜD die Preise vor, aber diese gelten ausschließlich für Aufträge seitens der Justizbehörden in strafrechtlichen Fällen. Außerhalb dieser Aufträge, insbesondere in zivilrechtlichen Verfahren, können VÜD wie alle anderen Selbständigen ihre Preise frei festlegen. Diese unterscheiden sich von Fall zu Fall, da verschiedene Kriterien für die Preisfindung ausschlaggebend sind: Umfang der Übersetzung (Anzahl der zu übersetzenden Seiten/Zeilen/Wörter), fachlicher Schwierigkeitsgrad des Textes, Frist, Art der Zustellung usw. Für die Legalisation wird normalerweise ein Pauschalbetrag in Rechnung gestellt. Dies gilt insbesondere für Dokumente, die für das Ausland bestimmt sind.